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BIM in der DACH-Region

Vor mehr als zehn Jahren ist das Kürzel BIM in Architektur- und Ingenieurbüros, im Internet und in Zeitschriften aufgetaucht. Und noch immer lesen wir häufig die Erklärung „BIM (Building Information Modeling)“. Es scheint, als habe sich weder die Methode noch die Bezeichnung in den Köpfen der Lesenden festgesetzt. Das stimmt natürlich nicht ganz: Im Moment ist BIM das zentrale Thema im Bauwesen. Grund genug, noch einmal die Grundlagen anzuschauen und festzustellen,

  • was BIM eigentlich bedeutet,
  • was es bringt,
  • und wie es in Deutschland, Österreich und der Schweiz darum bestellt ist.

Nehmen wir das Kürzel einmal auseinander:

 

B wie Building

Building wie Gebäude? – Diesem Übersetzungsfehler sind erstaunlich viele Menschen lange aufgesessen. „Building“ bedeutet nämlich ebenso „das Bauen an sich“ oder auch „das Bauwerk“. Und tatsächlich funktioniert die Methode sehr erfolgreich für jedes Bauwerk, egal, ob es sich um eine Brücke, eine Straße, eine Eisenbahntrasse, einen Flugplatz oder eben den klassischen Hochbau handelt. BIM bewährt sich nicht nur in der Architektur, sondern ebenso bei der technischen Gebäudeausrüstung, bei Statik, bei der Einbindung in die Landschaft usw. Sie kommt nicht nur in der Bauwerksplanung zur Anwendung, sondern ebenso in der Ausführung. Auch gibt es immer häufiger einen quasi fließenden Übergang vom Planen und Bauen, also BIM, zum Asset Information Management (AIM) in der Betriebsphase.

I wie Information

Im Verlauf eines Bauprojekts, von der ersten Idee bis zum Betrieb und schließlich zum Rückbau, fallen an den unterschiedlichsten Stellen Daten an: Über die Geländebeschaffenheit, über zu verwendende Materialien, über eingesetzte Verfahren und Technologien, über Beteiligte, Termine, Kosten, Zeit, Prozesse usw. Viele Menschen müssen diese Informationen untereinander austauschen, müssen möglichst schnell auf sie zugreifen und sie bei Bedarf verändern können. Je klarer die Informationen strukturiert sind, je schneller sie zur Verfügung stehen, desto weniger Fehler passieren, desto früher lassen sich Missverständnisse ausräumen, desto höher ist die Qualität des Bauwerks. Durchgängige Informationen sparen viel Geld.

M wie Modeling

Bei BIM geht es darum, dass alle Informationen über das Bauwerk in digitale Modelle einfließen, die schließlich miteinander abgestimmt werden. Jedes Modell umfasst viel mehr als die dreidimensionale Geometrie, sondern auch alle oben genannten Informationen. Diese sind im Modell miteinander verknüpft, so dass Nutzerinnen und Nutzer über das grafische Modell z. B. auf Verträge zugreifen können – am besten von jedem Ort mit Internetzugang und rund um die Uhr. Prozesse, ja vollständige Bauabläufe lassen sich simulieren, Soll- und Ist-Zeiten sowie Termine lassen sich abgleichen. Informationen aus dem Bauprozess fließen ins Modell ein, so dass z. B. in der Betriebsphase immer noch klar ist, welche Leitungen wo unter und neben der Autobahn verlaufen oder wann Fahrstühle von wem zu warten sind.

Kosten sinken

Die Erfahrung zeigt, dass sich dank BIM das Denken und Planen in Bezug auf Bauwerke verändert. Viele Entscheidungen werden im Planungs- und Bauprozess früher getroffen. Das scheint auf den ersten Blick schwierig zu sein, denn die Projektbeteiligten sind auf diese Weise gezwungen, früher und intensiver miteinander zu sprechen. Doch dieser Austausch führt wiederum dazu, dass man einander besser versteht. Ideen können schon in frühen Phasen diskutiert und werden oft gemeinsam weiterentwickelt. Die Folge: Missverständnisse und daraus resultierende Fehler bleiben aus, Bauzeiten verkürzen sich, „Feuerwehraktionen“ sind nicht mehr nötig, Kosten sinken, und die Auftraggeber sind zufriedener.

Nur für die „Großen“?

In Deutschland war die Deutsche Bahn eines der ersten Unternehmen, das BIM als Methode für die Planung von Bauwerken zur Pflicht gemacht hat. Mit großem Aufwand werden seit 2011 nicht nur die eigenen Mitarbeitenden, sondern auch Partnerunternehmen geschult, Strategien wurden erarbeitet und immer wieder auf den Prüfstand gestellt: Man geht den Weg in die Zukunft gemeinsam. Das Gleiche gilt für Schweizerischen Bundesbahnen SBB, die sogar noch etwas schneller unterwegs waren. Große Planungsbüros, Bauunternehmen und auch Investoren setzen seit Langem auf BIM.

Wenn man auf diese großen „Player“ schaut, könnte man tatsächlich den Eindruck gewinnen, BIM wäre erst ab einer gewissen Unternehmens- oder Projektgröße sinnvoll. Auch das erweist sich bei näherem Hinschauen als Fehlschluss. Immer mehr kleine und mittlere Architekturbüros, Haustechnikplaner und -ausführende, Statiker und andere Unternehmen der Baubranche erkennen, dass BIM Vorteile bringt: in qualitativer und vor allem in finanzieller Hinsicht.

BIM und die HOAI

Frühere Entscheidungen und mehr Abstimmungen in frühen Planungs- und Ausführungsphasen bringen einige eingefahrene Abläufe und Regelungen „durcheinander“. Kann die HOAI das überhaupt abdecken? Sie gilt schließlich schon seit den 1970er Jahren. Doch die Schöpfer*innen der HOAI haben schon damals Weitblick bewiesen und die Leistungsphasen unabhängig von den verwendeten Methoden definiert. Die Bundesarchitektenkammer hat BIM stets im Blick. Auf ihrer Webseite bietet sie einen 92seitigen Leitfaden „BIM für Architekten – Leistungsbild, Vertrag, Vergütung“ zum Download an.

Die Politik fördert BIM

In den USA gab die Politik schon 2003 die ersten 3D-4D-Richtlinien heraus. In Europa startete Dänemark als erstes Land im Jahr 2005 mit einer BIM-Pflicht. Norwegen folgte 2010, Finnland 2012, Schweden 2015 und Großbritannien 2016. Da nehmen sich die deutschsprachigen Länder eher langsam aus: Österreich führte 2015 BIM-Standards ein, in der Schweiz gibt es seit 2018 eine BIM-Richtlinie. Dank des sog. BIM-Stufenplans hat es in Deutschland seit 2015 etliche Pilotprojekte gegeben; seit 2020 müssen alle Infrastrukturprojekte des Bundes und alle Hochbauprojekte, die mit Infrastrukturprojekten in Verbindung stehen, mit BIM geplant werden. Auch wenn von einer BIM-Pflicht weit und breit nichts zu sehen ist, folgt die D-A-CH-Region mit ihren Aktivitäten der europaweit gültigen Normung für das digitale Bauen, ISO 19650.

Warum so langsam?

Ein Grund für diese eher langsame Gangart könnte sein, dass es der Bauwirtschaft hierzulande ziemlich gut ging und geht: Wenn die Auftragsbücher voll sind und das Geld billig ist – warum soll man dann die Arbeitsweise umstellen? Das ist zeitaufwändig, kostet Geld und bringt Unruhe in Abläufe, die „wunderbar“ eingespielt sind. Wer soll überhaupt diesen Mehraufwand in der Implementierungsphase bezahlen? Die Vorbehalte gegenüber einer vollständig neuen Methode und Denkweise waren groß. Während die Schweiz den Schritt in Richtung BIM relativ schnell und konsequent gegangen ist, haben Deutschland und Österreich länger abgewartet. Namhafte Bauprojekte, die alle Vorgaben hinsichtlich Terminen und Budgets weit überschritten haben, führen jedoch zu einem Umdenken.

Es ist alles da

Die Chancen stehen gut, dass der BIM-Schwung jetzt alle deutschsprachigen Länder mitnimmt. Das Know-how in Sachen BIM ist in den letzten Jahren exponentiell gewachsen. Ausbildungskonzepte haben sich ebenso etabliert wie Softwarelösungen, die Projektbeteiligten an den unterschiedlichsten Stellen helfen, dreidimensionale Bauwerksmodelle zu entwickeln, zu prüfen, zusammenzuführen, zu koordinieren und zu nutzen. Nachdem mittlerweile weit mehr als 50 % der Bauprojekte erfolgreich teilweise oder vollständig mittels BIM umgesetzt werden, ist ein umfassender Erfahrungsschatz gewachsen, aus dem Unternehmen schöpfen können.

Thinkproject ist bei jedem Schritt auf dem „BIM-Weg“ an der Seite der Unternehmen der Baubranche. Informieren Sie sich über die verschiedenen Lösungen.

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Ein Gespräch mit Thomas Tschickardt, BIM Manager der ARGE A10/A24 Havellandautobahn, und Lukas Hochreiter, BIM Manager Stv. / BIM Gesamtkoordinator der ARGE A10/A24 Havellandautobahn, über das erste BIM-Pilotprojekt, bei dem Planung, Ausführung und Erhaltung mit BIM aus einer Hand erfolgen.